Am
Anfang war das Klischee: An der Côte d'Azur tummeln sich wohlhabende
Menschen, die auf hohem Niveau faulenzen und sich abends auf noblen
Partys amüsieren. Hier und da ein bisschen Shopping, das neue Auto
präsentieren, hip sein und zu den Filmfestspielen gehen, um
Champagner zu trinken und ein bisschen unverbindlichen Smalltalk zu
führen. Ich hasse Smalltalk, mag keinen Champagner, habe kein Geld
und bin trotzdem an der Côte d'Azur gewesen. Und ja, die Klischees
stimmen. Es geht aber auch ohne Château Lafitte, ohne Smalltalk,
ohne Geld. Ok, letzteres stimmt nicht ganz.
Es
ist aber durchaus möglich, an der Côte d'Azur mit wenig Urlaubsbudget über die Runden zu kommen. Für
eine Ferienwohnung (nicht in Saint-Tropez, Nizza oder Cannes, dritte Hotelreihe) oder auf einem Campingplatz bezahlt der weniger
vermögende Tourist moderate Preise wie auch andernorts am
Mittelmeer.
Empfehlenswert
ist zum Beispiel der kleine Küstenort Juan les Pins westlich von
Antibes. Dort wird einem beim morgendlichen Brötchenholen natürlich
nicht Johnny Depp über den Weg laufen, das ist aber ok, weil man
früh meist sowieso niemanden treffen möchte. Warum Brötchenholen?
Weil Selbstversorgung auf dem Programm steht. Mit Croissants,
Baguette, Obst und Gemüse kommt man gut über den Tag und wenn es
einen dann doch irgendwann rappelt, tut der Cocktail in der Bar für
wenigstens 15 Euro nicht so weh, weil das Supermarkt-Bier den
Gelbbeutel vorher geschont hat. Die
Verpflegung wäre also geklärt. Mit Schnittchen im Rucksack kann nun
der ein oder andere schicke Fleck Erde erkundet werden.
In
Juan les Pins ist alles sehr überschaubar und nett. Der Strand ist
lang und schmal, so richtig Urlaubsfeeling kommt nicht
auf, weil alle paar Minuten ein Zug vorbeidonnert. Abends ist es
ruhiger. Da, wo am Tag geangelt wird, kann der träumende Reisende
seinen Blick gen Sonnenuntergang richten, süffiges 1664 schlürfen
und das weiche Licht genießen. Vorsicht Romantik! Es ist nicht
unüblich, dass man sogar ein üppiges Feuerwerk geschenkt bekommt,
weil irgendwo jemand auf seiner Yacht einen Grund zum Feiern hat.
Ein
Spaziergang nach Antibes, immer an der Promenade oder am Strand
entlang, muss sein. Antibes ist einfach schön! Das Fort Carré liegt
anmutig direkt am Hafen und sieht sowohl von innen als auch von außen
bezaubernd aus. Das zarte Beige der Festung bildet einen wunderbaren
Kontrast zum azurblauen Meer und Himmel. Picasso
zu
seiner Zeit wusste diesen Anblick höchstwahrscheinlich auch sehr zu
schätzen. Er
besaß
ein Atelier in
Antibes.
Heute existiert deshalb
im
Château
Grimaldi ein
gut
klimatisiertes
Picasso-Museum. Klimaanlage
hin oder her, die richtige Abkühlung gibt’s im Meer. Direkt
in der Altstadt befindet
sich ein
kleiner
familienfreundlicher
Strand in einer ruhigen
Bucht.
Geneigte
Schnorchler können
sich
hier
einfach
treiben lassen. Und es lohnt sich! Das Wasser ist sehr klar und der
ein oder andere größere
Fisch
kommt auch mal vorbei. Die Altstadt und der Hafen laden danach noch
zu einem entspannten Bummel ein. Aus den zahlreichen Restaurants in
den Gässchen duftet es nach Gegrilltem, die
kleinen Balkone sind liebevoll mit Blumen geschmückt und die
mediterrane Luft macht beschwingt. Herzlich Willkommen im Urlaub!
Westlich
von
Juan les Pins liegt
Cannes. Eine Dreiviertelstunde dauert die Busfahrt, zwei Stunden der
Fußmarsch. Hier
erfüllen sich die meisten Côte
d'Azur-Klischees: mondäne
Läden, ein bombastischer Hafen, Luxushotels wie das Carlton
Intercontinental. In Cannes kann es schon eher passieren, dass Johnny Depp an dir
vorbeiläuft.
Einige
Touristen
sehen
aus wie Journalisten mit viel zu teuren Kameras, wahrscheinlich
weil sie auf Johnny warten.
Nichtsdestotrotz ist ein Besuch lohnenswert, der Strand ist ok und
beim Herumspazieren sieht man viele bunte Vögel, die vorgeben
berühmt
zu
sein.
Vielleicht
sind sie es sogar.
Eine Bootsfahrt zu
einer
der vor
Cannes liegenden,
unbewohnten Inseln ist
außerdem eine super Idee, wenn man gerade mal da ist. Auf
Sainte-Marguerite zum Beispiel ist ein Inselrundgang
mit Schnorchel- und Schwimmstopps eine super Sache. Außerdem kann
die tolle Aussicht auf das hügelige Festland bestaunt und das
Staatsgefängnis in der Fort Royal im Norden der Insel besucht
werden. Dort war der sagenumwobene Mann mit der eisernen Maske
eingesperrt. Allein die Bootsfahrt lohnt sich, weil es passieren
kann, dass jemand via VIP-Helikopter von seinem Privatschiffchen aufs
Land zum Diner gebracht wird oder die zweitgrößten
Yacht der Welt („Eclipse“) von Roman Abramowitsch gerade neben dir
in den seichten Wellen schaukelt.
Abramowitsch ist
ein
russische Milliardär, Besitzer mehrerer Yachten, des Fußballclubs
Chelsea und eines Schlosses in der Nähe von Antibes. Klar, da fährt
er eben mal mit seiner
Yacht vor und guckt nach seinem Schlösschen. So
läuft das an
der Côte
d'Azur.
Cannes
ist im Gegensatz zu Monaco wirklich „down to earth“. Wer die
volle Ladung Snob & Schnösel wünscht und
kurz
die EU verlassen möchte,
sollte das
Fürstentum Monaco
nicht verpassen. Von Juan les Pins sind es rund
50 km bis in den klitzekleinen Stadtstaat, wo materielle Werte dein
Leben bestimmen und
die Serie „Reich und Schön“ 24 Stunden live nachgestellt wird.
Hier kann man sein Auto getrost offen stehen lassen, es gibt so viel
Gendarmerie, dass niemand auf die Idee käme, damit wegzufahren.
Monaco ist ziemlich klein und liegt am Hang, deshalb wurde vor allem
in die Höhe gebaut. Alles in allem wirkt es sehr voll, ungemütlich
und von Touristen mit noch teureren
Kameras bevölkert, aber - und vielleicht gerade deshalb - irgendwie faszinierend. Cool ist der Circuit de Monaco. Wer Formel 1 oder
Need for Speed liebt, ist hier glücklich, weil
er die schnieke Strecke mit eigenen Augen sehen kann.
Alle,
die Touristenmassen nicht ausstehen können, sollten den völlig
überbewerteten Place
du Casino im
legendären Monte Carlo,
den prallen Yachthafen
und
die auf
einer Anhöhe
liegende Altstadt mit dem Fürstenpalast und den engen Gassen mit
Souvenirläden
meiden. Etwas abseits der Altstadt lassen sich auch ruhigere Ecken
finden. In den üppigen bunten Gärten kann man seine
Schnittchen essen und die majestätische Aussicht auf das Meer
genießen.
Sicherlich
könnten diesen Ausflügen noch weitere nach Nizza oder Saint-Tropez
folgen, vielleicht ist Johnny Depp ja gerade dort zugange. Immerhin
hat er wohl in der Nähe von Saint-Tropez ein Häuschen. Aber
eigentlich reicht an
dieser Stelle der Einblick in die Welt der Reichen und am Ende ist das
Mittelmeer an der Côte
d'Azur
nicht blauer als in Italien, der Fisch nicht besser als in Portugal,
die Touristenhochburgen sind
nicht
schicker als in Spanien, die Strände nicht weißer als in
Griechenland, also
zunächst
einmal adieu
Côte
d'Azur!
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Antibes |
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Antibes |
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Juan les Pins, Yacht "Eclipse" |
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Monaco, Place du Casino Monte Carlo |
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Monaco |
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Monaco |
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Monaco, Hafen |
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Monaco |
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Cannes |
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Sainte-Marguerite |
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Cannes, Hafen |
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Cannes, Promenade |
Wusste gar nicht, dass du dort warst. Wundervoll geschrieben. Hoffe du hattest eine großartige Zeit.
AntwortenLöschenBin gespannt auf deinen ersten Reiseführer. ;-)