Samstag, 11. April 2020

Camino del Norte – Folge dem gelben Pfeil in dir II

Nun denn – hier ein paar hoffentlich nützliche Gedanken zur Vorbereitung, Ausrüstung und Packliste für (d)ein gelungenes Abenteuer auf dem Camino del Norte. 

Planung? ja, bitte!


Wann und wie lange man pilgert, wird meist von den zur Verfügung stehenden Urlaubstagen determiniert. Wir waren drei Wochen unterwegs. Für mich war die Zeit optimal, auch wenn ich gern auf vier Wochen verlängert hätte, um von Santiago noch weiter zur Atlantikküste zu laufen.
Viel wichtiger ist aber die Reisezeit. Ich glaube, hier ist der gesunde Menschenverstand gefragt. Der Frühling eignet sich genauso wie der Spätsommer/Herbst. Einige Herbergen haben zwar ganzjährig geöffnet, der Winter ist allerdings zu feucht und der Sommer zu heiß. Allergiker vertragen sicherlich den Herbst besser als das Frühjahr. Für uns war der September der perfekte Monat. Früh am Morgen war es meist noch frisch, im Laufe des Tages wurde es allerdings teilweise anstrengend heiß, dafür hatten wir kaum Regen. Wir sind meist zwischen 6:00 – 7:00 Uhr aufgebrochen, sodass wir den größten Teil der Tagesetappe bei milden Temperaturen zurücklegen konnten. 


Durch unsere recht strikte Planung hatten wir die Möglichkeit, Etappenziele gezielt festzulegen, konnten in den größeren Städten Gijon und Santiago Pensionen vorbuchen und wussten in etwa, wie viele Kilometer wir in einer begrenzten Anzahl von Tagen zu absolvieren hatten. Das bedeutete an manchen Tagen Stress, hat aber auch extrem motiviert und unsere Kondition in einem angenehmen Maß herausgefordert. 
Wer ohne Zeitlimit reist, kann sich natürlich viel besser treiben lassen und besonders die Anfangsetappen schonender gestalten, sich Zeit lassen, die Orte besser kennenlernen und von Santiago aus gegebenenfalls sogar noch weiter an den Atlantik zum Kap Finisterre – dem sog. Ende der Welt (zumindest der iberischen Halbinsel) – laufen. 

Eine der schönsten Etappen in Asturien: Poo de Planes - Ribadesella (27,5 km)
Das Pilgern ganz ohne Vorbereitung ist sicherlich aufgrund der vielen leitenden Pfeile möglich, aber irgendwie auch ein wenig tollkühn. Man braucht zumindest ein eigeneZelt, da nicht alle Orte über Herbergen verfügen oder manche am Nachmittag einfach schon voll sind. Kommt schlechtes Wetter oder Unwohlsein hinzu, kann das ziemlich frustrierend sein. Außerdem hat auch der Küstenweg „Umwege“, die man sich sparen kann, oder aber Alternativrouten, die landschaftlich empfehlenswerter sind. Es hilft also ungemein, sich mit mindestens einem der beiden Reiseführer (Outdoor: „der Gelbe“  oder Rother Wanderführer: „der Rote“) auszustatten. Darin findet man neben den detaillierten Wegbeschreibungen auch Höhenprofile sowie Empfehlungen und Kontaktdaten zu Privatunterkünften jenseits der offiziellen Pilgerherbergen. 


Wir sind auf dem richtigen Weg! Yeah!

Der Pilgerpass - la Credecial 


Unter anderem bei der Deutschen Jakobus Gesellschaft kann man seinen Pilgerausweis bestellen. Eine Spende von 10€ ist ausdrücklich erwünscht. Dieser Pass verpflichtet seinen Besitzer, sich wie ein gesitteter Pilger zu verhalten. Als Gegenleistung dürfen die Pilgerherbergen (refugio, albergue) für etwa 6€ pro Nacht genutzt werden. Viele Unterkünfte haben individuelle Stempel, die den Pass nach und nach zu einem kleinen persönlichen Schatz machen. Ganz zum Schluss dient er als Nachweis, um sich seine offizielle Pilger-Urkunde in Santiago abzuholen. Auf den letzten 100 km werden zwei Stempel pro Tag als Nachweis, dass man zu Fuß unterwegs war, zur Pilgerpflicht. Da die letzten 100 km aber sowieso ziemlich "spannend" waren, werde ich darauf im nächsten Beitrag noch etwas genauer eingehen.

Die Outdoor-Ausrüstung


Wir haben größtenteils auf super fancy Outdoor-Ausrüstung verzichtet. Die Tour sollte uns an der spanischen Nordküste entlangführen, nicht auf den Mount Everest. Dennoch gibt es einige wichtige, die Strapazen des Weges vereinfachende Must-Haves. 



  • Wanderrucksack mit Fassungsvermögen von mind. 30l + Air-System + Regenschutz, nicht schwerer als 1,5 kg
  • Ein Paar gut eingelaufene (Trail-) Running Schuhe (z.B.Asics, La Sportiva) 
  • Noch ein Paar gut eingelaufene (Trail-) Running Schuhe oder leichte Wanderschuhe (z.B. Mammut)* 
  • Multifunktionsschlauchschal“ und/oder Sonnenhut: früh schützt er vor Kälte, am Tag rettet er den Kopf vor zu viel Hitze
  • Leichte synthetische Zip-Off-Wanderhose, am besten mit verschließbaren Taschen (z.B. Bergans)
  • 3x Wandersocken (1x lange (z.B. FALKE), 2x Sneaker (z.B. Quechua))
  • Regenjacke: unbedingt Wassersäule beachten und lieber etwas mehr bezahlen (z.B. Mammut)
  • Ultraleicht-Schlafsack (wir haben auf das günstigste Produkt von Decathlon gesetzt und es hat uns nicht enttäuscht)** 
  • 2x Mikrofaser - Reisehandtücher
  • Wanderstöcke (Die Hälfte der Strecke sind wir mit je einem Stock aus dem Wald gelaufen, die Wanderstöcke haben aber tatsächlich einen entlastenden Effekt)

* Diese Empfehlung gilt für die Route Santander – Santiago. Die Strecke ab Irún ist um einiges bergiger. Hier sind mindestens mittelhohe Wanderschuhe sinnvoll, da diese mehr Halt bieten. Auch auf rutschigen Waldwegen haben sich meine stabilen, wasserfesten Lederwanderschuhe bewährt, aaaaber alle, wirklich ALLE Pilger, die wir trafen, hatten Blasen, während wir mit den Running Schuhen diesbezüglich nur minimale Probleme hatten. Ein täglicher Wechsel ist auf jeden Fall höchst sinnvoll. 

** Warum die Decathlonisierung das Pilgererlebnis auch verkomplizieren kann, erkläre ich im nächsten Blogpost.

Y está! Das war’s an Outdoor-Kram. Aber der Rucksack ist ja noch lange nicht voll… 


Die Schuhe sind wohl das umstrittenste Thema. Wir empfehlen zwei Paar gut eingelaufene, flache Laufschuhe. 

Die Packliste 


Hier stellvertretend meine weibliche Packliste. Warum so detailliert? Eigentlich fehlt an dieser Stelle sogar noch die wichtigste dritte Spalte: Das Gewicht. Da sich das Gepäck nicht von selbst trägt und täglich mindestens noch 1,5l Wasser und ein Beutel mit Nahrung dazukommen, sollte der Inhalt des Rucksackes auf das Nötigste reduziert sein. Auch wenn es mir schwerfiel, verzichtete ich zum Beispiel auf meine Kamera, etwas zu lesen und unnötige Wechselsachen. Insgesamt hatte ich ca. 8,5 kg Gesamtgepäck. Ich hätte manchmal gern weniger getragen, aber alle unten aufgeführten Dinge  bis auf den Regenponcho habe ich tatsächlich benötigt. 

Klamotten
Yoga-Fitnesshose (extra leicht, lang)
(inkl. Tagesoutfit)
Zipper-Wanderhose Bergans

Kurze Shorts 

3x Wandersocken

3x T-Shirt 

Dünnes Langarmshirt

1x Bikini 

3x Schlüppi 

Regenjacke

Flipflops

2x Schuhe (Laufschuhe, Wanderschuhe am Fuß) 

Notfall-Regenponcho

Sonnenhut + Schlauchschal
Kosmetik / Apotheke
Pinzette / Knipser / Feile / Nagelschere / 3x Haargummi / 1x Einweg-Rasierer

Zahnbürste + Zahnpasta (Reisegröße)

Kontaktlinsenflüssigkeit 50ml / Wechselkontaktlinsen

2x Duschbad 2in1 (Reisegröße) 

Haut- und Kindercreme 50ml

Deostick

2x Handwaschmittel 50ml (z.B. Rei in der Tube)

Sonnenmilch 50ml / Autan Mückenspray 100ml

Tampons 

10 Wattestäbchen

Brille + Etui

Antiallergikum, Nasenspray, Asthmaspray

Voltaren-Salbe, Hirschtalg, Magnesium-Tabletten, Oropax, Compeed Stick, Ibuprofen, Neoangin)

Pflaster (+ BLASENPFLASTER) 
Kleinzeug
Kleines Handtuch + Badehandtuch 

Wanderführer Rother

Dünner Schlafsack

Mini-Kissen

2m-Schnurr + 4 Klammern in Zipper-Beutel

Reisetagebuch + Kuli

Metall-Becher

1 Rolle Klopapier / 1x Feuchtes Toilettenpapier / 1x Hygienetücher
Technik
Ladegerät Telefon + Uhr

Power Bank

Telefon / Kopfhörer

Stirnlampe mit neuen Batterien 
AM KÖRPER
CREDENCIAL

Rucksack + Trinkflasche 0,5l

Geldbörse (cash, EC-Karte, Krankenkarte, Ausweis, Führerschein)

Gürteltasche

Taschenmesser

Ist das Gepäck komplett, kann es eigentlich losgehen! Fraglich nur, wie man seine Nächte verbringen möchte. Am besten vertraut man hier seiner inneren Stimme. Wie die Menschen auf dem Camino sind auch die Herbergen vielseitig. Anhänger gepflegter ****Hotels werden in den Herbergen vermutlich Tränen vergießen. Diejenigen, die früher Schullandheime mochten, werden sie dagegen lieben.
Im nächsten Blogpost folgen Informationen zur Herbergssituation auf dem Küstenweg mit persönlichen Empfehlungen sowie ein paar kurze Anekdoten vom Weg und eine Vorlage für ein schnell gebasteltes, leichtes Pilgertagebuch. 
Buen camino y hasta pronto, amigos!



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